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Nach vielen Jahren Lateinunterricht und etliche Vokabeltests, Deklinationen, Konjugationen und Übersetzungen (oder zumindest Aneinanderreihungen von Worten) später durften nun auch wir endlich auf Reisen gehen. Weil in der zehnten Klassenstufe nicht mehr viele discipuli Latini waren, kamen auch die Schüler*innen aus der neunten mit.

 

Zusammen mit unseren magistris Latinis, Herr Hotz und Herr Werner, begaben wir uns am Bahnhof in Vaihingen in einen Zug nach Mainz. Dort verstauten wir zuerst unser unhandliches Gepäck in Schließfächern und unternahmen anschließend eine Stadtrallye, die das römische Mainz Mogontiacum zum Thema hatte. Wir brachten dabei unter anderem in Erfahrung, dass die Stadt aus einem römischen Legionslager entstanden war, primär als Militärstandort fungierte und auch einige Zeit Provinzhauptstadt war. Daran hat sich übrigens nicht viel geändert, denn Mainz ist damals wie heute eine Provinzhauptstadt, wenngleich nicht mehr von Obergermanien, sondern von Rheinland-Pfalz.

Wenn auch sich manch einer von uns von anderen, eher modernen „Bauwerken“ wie großen Turmrutschen ablenken ließ, so kamen wir schließlich um die Mittagszeit wieder am römischen Bühnentheater zusammen und besichtigten nach einer Mittagspause in der Römerpassage das Heiligtum der Isis und Mater Magna – beides sind ursprünglich nicht typisch römische, sondern aus Ägypten und Kleinasien „importierte“ Göttinnen – , dessen Überreste bei Bauarbeiten zur eben genannten Einkaufsgalerie entdeckt und freigelegt wurden.

Besonders interessant waren neben den steinernen Tafeln mit Weiheinschriften die Statuetten und Gegenstände, die uns verbunden mit einer Führung in die Magie zur Zeit der Römer einführten, welche damals im Geheimen hatte praktiziert werden müssen.

 

Im Anschluss fuhren wir mit dem Zug nach Köln, kehrten in die Jugendherberge im Stadtteil Köln-Deutz ein und unternahmen noch eine kleine Erkundung der Stadt, in der wir uns bis 22 Uhr aufhalten durften. Dabei brachten wir auch ein gewisses Liebesschloss an der Hohenzollernbrücke an.

Der nächste Tag begann mit einer Stadt-Rallye, bei der wir uns mit dem römisch-historischem Köln Colonia Claudia Ara Agrippinensium beschäftigen sollten.

Zwischendurch kamen wir zusammen und hatten Zeit für eine Mittagspause bei strömendem Regen. Auch wurde der Turm des etwa 157 Meter hohen Kölner Dom bestiegen, von dem sich oben angekommen eine gute Aussicht über die Stadt bot.

Sodann machten wir eine entspannende Bootsfahrt auf dem Rhein, die einige von uns nutzen, um verpassten Schlaf nachzuholen oder Fotos zu machen. Danach hatten wir wieder Freizeit, die für manche aus Pfandflaschenabgabe, Essen oder auch „Fußball“ in Verbindung mit guten Getränken bestand.

 

Am nächsten Tag fuhren wir zu unserem nächsten Ort von römisch-historischer Prägung: Trier oder auch Augusta Treverorum.

Zurück in der Provinz Rheinland-Pfalz kehrten wir zuerst in die Jugendherberge ein, bevor wir uns in die Innenstadt begaben. Dabei entdecken wir auch die eigentlich gar nicht so geheime Unterführung, die uns auf dem Hinweg eine oberirdische Überquerung der gut befahrenen Straße erspart hätte.

Unsere erste Attraktion war das besterhaltene römische Stadttor Deutschlands, die Porta Nigra, das ihre Bezeichnung „schwarzes Tor“ ihrer dunklen Färbung wegen, entstanden durch die Verwitterung des Kordeler Sandsteins, erhalten hat. Von dort gingen wir zu der inzwischen als Kirche genutzten Konstantinbasilika, eine römische Palastaula, die ursprünglich als Audienzhalle römischer Kaiser während ihrer Residenz in der Stadt erbaut worden war.

Von dort aus waren die Kaiserthermen nur einen Steinwurf entfernt. Diese waren allerdings nur Überreste einer geplanten römischen Badeanlage, die nie fertiggestellt worden war. Gleichwohl war es interessant, insbesondere die unterirdisch gelegenen Ruinen zu besichtigen.

Anschließend ging es für uns ins Rheinische Landesmuseum, in dem uns neben der schon obligatorischen Rallye ein mediales Raumtheater mit modernster Technik geboten wurde, welches von der Reise eines Kaufmanns mit dem Götterboten Merkur in den Orkus handelt, in dem er seine verstorbene Gattin sucht. Dabei wurden unter anderem gefundene Reliefs so mit Lichteffekten versehen, dass sie bemalt wirkten – was entgegen des weit verbreiteten Klischees der farblosen Statuen, Denk- oder Grabmäler zur Zeit der Antike auch der Fall gewesen war. Insgesamt war es beeindruckend, wie das heutzutage technische Mögliche mit den antiken Reliefs verwoben wurde, welche in ihrer steinernen Farblosigkeit eigentlich nicht ein typischer Schülermagnet sind.

Abschließend ging es ins Amphitheater, in welchem wir unter der Leitung von Isaac Boateng einen Crashkurs zum römischen Gladiator absolvieren durften, zu dem neben theatralisch vorgetragenen Informationen auch das Anziehen von römischer Gladiatorenausrüstung mit Helmen gehörte. Insgesamt hat dieser Crashkurs – wie sich im anschließenden Training mit Netz und Speer zeigte – mehr oder minder Früchte getragen.

Zu guter Letzt aßen wir nach einem kurzen Aufenthalt in der Jugendherberge noch im Restaurant „Zum Domstein“, wo uns römische Speisen und Getränke stilecht auf römischem Geschirr serviert wurden. Anschließend verbrachten wir den restlichen Abend in oder um die Jugendherberge.

Am nächsten Tag nutzten wir wieder die Deutsche Bahn und kamen trotz kleinerer Verzögerungen ohne größere Unannehmlichkeiten pünktlich in Vaihingen an und wurden ins verlängerte Wochenende von den beiden Lehrern entlassen, die uns fünf Jahre in Latein unterrichtet haben.

 

Besonders für die jetzigen Zehner lässt sich nun sagen: Wenn es auch nicht immer einfache Unterrichtsstunden waren, so können zumindest diejenigen, die mit Latein schon so gut wie abgeschlossen haben, summa summarum wohl mit Stolz behaupten, diese Jahre zumindest überstanden zu haben. Vivat Latinum et libertas!

 

Manuel T. Schmid 10a